In der gesamten Spieleindustrie, von den größten Konzernen bis zu den kleinsten Startups, ist es heute wichtiger denn je, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion (kurz DEI für Diversity, Equity, Inclusion) fördert.
Ende April sprach Namrata Gandhi, CFO von Amazon Games bei einer Paneldiskussion beim jährlichen GamesBeat Summit in Los Angeles mit drei weiteren weiblichen Topführungskräften über Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion am Arbeitsplatz. In der lebhaften Diskussion wurden bereits erzielte Fortschritte genannt und gleichzeitig klar gesagt, wie viel mehr noch getan werden muss.
Um noch mehr Bewusstsein für diese wichtigen Themen zu schaffen, hat Namrata Gandhi einige ihrer eigenen Erfahrungen und professionellen Erkenntnisse zu DEI in der Spieleindustrie mit uns geteilt. Hier sind unsere Fragen und ihre Antworten zu diesem Thema.
In der Spieleindustrie gibt es einen großen Fokus auf Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion. Warum denkst du, dass die Industrie ein guter Arbeitsplatz für Frauen, People of Color und andere marginalisierte Gruppen ist?
Klarerweise wurde diesem sehr realen Problem viel Aufmerksamkeit gewidmet. Doch während die Menschen sich tendenziell auf das Negative konzentrieren, haben wir in den letzten Jahren auch zahlreiche Veränderungen in vielen, wenn nicht allen Teilen der Industrie gesehen. Was ich wahrnehme, ist eine positive Bewegung, die immer mehr an Fahrt aufnimmt.
Meine Karriere ist in zwei sehr unterschiedliche Abschnitte unterteilt: Die Zeit in der Spieleindustrie und jene davor. Der Zufall wollte es, dass ich immer in männerdominierten Branchen gearbeitet habe. Bevor ich in die Spieleindustrie kam, war ich in den Bereichen Analytik, Investmentbanking, Technologie und Halbleiter tätig und ehrlich gesagt war Diversität dort historisch gesehen schon immer ein schwieriges Thema und seit Jahren ein Punkt, über den diskutiert wurde.
Im Gaming sehe ich dagegen einen deutlichen Trend hin zu Repräsentation. Fast 50 % der Spielerschaft sind mittlerweile Frauen und es gibt eine klare Bewegung hin zu mehr Repräsentation, die endlich auch alte Stereotypen durchbricht. Wir sehen weibliche Gamer, nichtbinäre Influencer, E-Sportler mit allen möglichen Lebensstilen und eine immer diversere Spielerschaft. Außerdem gibt es aus Sicht der Industrie keinen besseren Weg, um Frauen und marginalisierte Gruppen zu erreichen, als ihre Interessen und Bedürfnisse in Produkten, im Marketing und in der firmeneigenen Entscheidungsfindung selbst besser abzubilden. Für mich ist die Spieleindustrie eine Branche, die in ihrem Kern Diversität und Authentizität fördert und feiert – mehr als die Branchen, in denen ich davor tätig war.
Was ist im Gaming noch zu tun?
Viele der bisher gesehenen Änderungen waren großartig, können jedoch auch entweder nur kurzfristig sein oder sich wie das Abhaken einer Checkliste anfühlen. Daher ist es wie bei jeder erfolgreichen Veränderung hin zu mehr Inklusion essenziell, dass es sich nicht nach rein symbolischen Maßnahmen anfühlt.
Dauerhafte Veränderung erfordert echte und nachhaltige strukturelle Änderungen. Das bedeutet Engagement und gemeinsame Bemühungen, um Inklusion zu einem authentischen Teil der Mission, Kernziele und DNA eines Unternehmens zu machen. Es soll eine natürliche Art des Arbeitens sein, nicht bloß ein Punkt auf einer Checkliste. Das erfordert auch Leadership von oben nach unten, um den Ton dafür zu setzen, wie Entscheidungen getroffen werden, und dass die Führungskräfte verstehen, welchen Einfluss und welche Wirkung das haben wird. Eine solche Veränderung ist weder leicht, noch kann sie schnell durch Abhaken erreicht werden. Sie erfordert Investment und Engagement und die Spieleindustrie ist genau auf diesem Weg.
Und je mehr diverse Gruppen in den Führungskreisen vertreten sind, desto mehr Bewusstsein gibt es für die Probleme und Hindernisse. Wichtig ist auch, dass es hier nicht nur um Geschlecht geht. Es geht um Ethnien oder auch wie wir aussehen oder klingen.
Warum ist Amazon Games ein guter Ort für Frauen, People of Color und andere marginalisierte Gruppen? Wie unterstützt Amazon diese?
Bevor ich hierher kam, habe ich mit mehreren Führungskräften von Amazon Games gesprochen und war begeistert. Und so etwas sage ich nicht leichtfertig. Ich sprach mit Branchenveteranen, die an Spielen wie Prince of Persia, Civilization, Mafia, EverQuest, Rainbow Six Siege mitgewirkt hatten und war beeindruckt von jeder einzelnen Person, mit der ich gesprochen habe. Ich wollte mich mit diesen unglaublichen Talenten umgeben.
Nichtsdestotrotz war es ebenso wichtig – wenn nicht sogar noch wichtiger, und das bereits bei den ersten Gesprächen – dass ich das Gefühl hatte, ich selbst sein zu können. Ich würde endlich mein volles authentisches Ich zur Arbeit bringen können. Als ehemalige Bankerin war es für mich unglaublich befreiend, meine Stöckelschuhe gegen Combat Boots eintauschen zu können. Ich fühlte mich damals und fühle mich immer noch so, als hätte ich meine Gruppe gefunden.
In meiner ersten Führungsposition in der Spieleindustrie war ich die einzige Frau in einem Meer von Männern. Bei Amazon Games bin ich nun eine von vielen und immer mehr weiblichen Führungskräften, die allesamt sowohl beruflich als auch persönlich wertgeschätzt und respektiert werden.
Gibt es noch weitere Erfahrungen, die dich ermutigt haben?
Ich denke, wenn im Berufsleben Leute anzweifeln, ob du das Recht hast, an einer bestimmten Position zu sein, liegt es an dir, immer und immer wieder zu beweisen, dass du zurecht dort bist. Das klingt anstrengend und das kann es auch sein, aber gib nicht auf, denn in gewisser Weise ist das auch die Art, wie alle Menschen eine außergewöhnliche Karriere machen.
Einige andere Dinge fallen mir aus meinen eigenen Erfahrungen noch ein. Ich habe zwei kleine Kinder, die zwar noch nicht verstehen, wie man Hosen anzieht, aber absolut furchtlos sind, wenn es darum geht, neue Dinge auszuprobieren – vom Skifahren über Radfahren bis zum Springen von der Couch. Sie zweifeln nicht an ihren Fähigkeiten. Und auch wenn diese unbändige Lust oder dieses Vertrauen, neue Dinge auszuprobieren, in Erwachsenen ein wenig verlorenzugehen scheint, würde ich sagen, dass jeder Karriereschritt, bei dem ich etwas zu mindestens 50 % Neues gemacht habe, eine großartige Entscheidung war, die mich weitergebracht hat. Dagegen waren es die Schritte, bei denen am Papier alles gut und mit meinen vorhandenen Fähigkeiten leicht schaffbar ausgesehen hat, die mich am Ende oft enttäuscht haben.
Und schließlich: Bemüht euch, nicht nur Verbündete zu finden, sondern aufzubauen. Leistet großartige Arbeit und konzentriert euch darauf, bedeutsame Ergebnisse zu liefern. Geht nicht mit Scheuklappen durchs Leben. Seht euch um, investiert in eure Verbündeten und erweitert euren Einflusskreis, damit ihr beispielsweise nicht ganz allein gegen irgendwelche Vorurteile ankämpfen müsst. Schaut gegenseitig auf euch. Frauen, People of Color und alle anderen marginalisierten Gruppen: Wenn ihr Führungskräfte sein wollt, braucht ihr zwei Hände dafür ... eine, um die Tür zu öffnen, und die andere, um jemanden mit euch hochzuziehen.